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Museum auf dem Schafhof/Dachgeschoss/Buchbinderei

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Museum auf dem Schafhof / Dachgeschoss / Buchbinderei

Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung und Überblick

Im Bereich der ehemaligen Dreifaltigkeitskapelle und somit ebenfalls am Klostertor beheimatet liegt gegenüber der Kloster-Apotheke die Buchbinderei, heute Buchhandlung Krüger. Aus der Familie des Klostermüllers Kolb gehen die beiden Buchbindermeister Johann Immanuel Heinrich Kolb (* 1813) und Christian Wilhelm Kolb (* 1844) hervor. Der vom Schafhof stammende August Krüger lernt bei Christian Wilhelm Kolb Buchbinder und übernimmt 1899 von seinem einstigen Lehrmeister die Buchbinderei mit Geschäft. Zum Sortiment zählen Schreibutensilien, Einrahmungen, Kurzwaren und Papeterieprodukte. 1938 übergab August Krüger die Buchbinderei an seinen Sohn Kurt Krüger, der in den 1920er Jahren in New York gelebt hatte. Als er im Zweiten Weltkrieg zum Militär eingezogen wurde, übernahm seine Frau Julie das Geschäft. 1967 übernahm der einzige Sohn Klaus Krüger den Schreibwarenladen und gestaltete ihn zur reinen Buchhandlung um.[1] Die heutige Buchhandlung Krüger ist in Nachfolge der Buchbinderei auf Belletristik, Regionales und auf künstlerische und geschichtliche Themen spezialisiert.

Die Buchbinderstube ist mit den Originalwerkzeugen und Vorrichtungen bestückt, die der Buchhändler Klaus Krüger dem Museum zur Verfügung stellte.[2]

GHV Schaf-Buchbinderei.jpg

Geschichtliches und Geschäftliches

Im Jahre 1813 wurde die am inneren Klostertor gelegene Dreifaltigkeitskapelle abgetragen und 1814/1815 geht dann das innere Klostertor zum Abbruch an den Buchbinder Immanuel Kolb.

Wann erstmals ein Mitglied der Familie Kolb als Buchbinder in das Haus am Klostertor einzog ist nicht genau zu bestimmen. „Womöglich war dies erst in den 30er oder 40er Jahren des 19.Jahrhunderts der Fall“ - [3] also die Zeit der Konstituierung von Maulbronn als politische Gemeinde im Jahre 1838.

Aktenkundig hingegen ist, dass Christian Kolb „Buchbinder, auch Handel mit Schreibutensilien und Kurzwaren, Tapezier […], das Geschäft am 2.Mai 1899“ an August Krüger verkauft hat.[4]

Dies geht auch aus einer Anzeige im Bürgerfreund vom 11.5.1899 hervor in der August Krüger einem „verehrlichen“ Publikum die ergebene Mitteilung macht die Buchbinderei und Schreibwarenhandlung weiterführen zu wollen.

GHV Buchbinderei-Anzeige-Bürgerfreund.jpg

Zu Beginn seiner Zeit als selbstständiger Buchbinder investiert August Krüger in neue Maschinen. [5]

Es wurden Stockpresse, Pappschneideschere und Schneidemaschine von der Firma Wilhelm Leo’s Nachfahren aus Stuttgart beschafft. Ein Unternehmen das bis in die heutigen Tage den Buchbinderbedarf deckt.

Anfangs war neben Bindearbeiten für die Behörden des Oberamtes – (Maulbronn war von 1806 – 1938 Sitz des Oberamts) – der Großhandel von Tabakwaren wichtig. Dazu kamen Einrahmungen, Papeterieprodukte von der Ansichtskarte bis zum Lampenschirm und natürlich Bücher. (…) Als der (Sohn) Kurt Krüger Ende 1938 nach Wanderjahren in Bad Mergentheim, Stuttgart, Torgau und New York das Geschäft übernahm, führte er mit seiner Frau Julie, geb. Dorfschmid, die Tradition fort. [6]

Nach dem Zweiten Weltkrieg, um 1948, gab Kurt Krüger die Buchbinderei auf – mit dem Aufkommen der industriellen Leimbindung von Büchern und Broschüren war dieser Geschäftszweig für Kleinunternehmen nicht mehr rentabel. [7]

Das übrige Geschäft wird weitergeführt und macht sich dann als die „Buchhandlung Krüger“ mit einer spezialisierten Auswahl an Büchern und Ausstellungen unter Klaus Krüger ab 1967 und sein Sohn Dr. Reto Krüger ab 2007 einen weit über den Kirchturm von Maulbronn hinweg bekannten Namen.

Allgemeines zur Buchbinderei: Historisches, Soziales und Ökonomisches

Ein Buchbinder (…) war ein ehrsamer Handwerksmeister; zur haute voleé zählte er nicht. Statt dessen hatte er häufig die ‚besseren Leute‘ zu Kunden, die ihn meinten von oben herab behandeln zu können (Günther Mahal). [8]

Die Kunst des Buchbindens entwickelte sich dort, wo Bücher geschrieben und eingesetzt wurden – im klerikalen Raum der Kirchen und Klöster. Die bürgerliche Buchbinderei als Gewerbe ist erst im späten Mittelalter in Konkurrenz zu den Klöstern entstanden. Das Zunftwesen setzte sich endgültig erst Ende des 17. Jahrhunderts durch. Doch mit der französischen Revolution begann sich die Idee der freien Berufsausübung im 18.und 19 Jahrhundert durchzusetzen. Es blieb eine rein handwerkliche Tätigkeit, bis sich im 19. Jahrhundert im Zuge der Industrialisierung und der gestiegenen Nachfrage nach preisgünstigen Büchern sich die maschinelle Großproduktion etablierte.

Trotz der großbetrieblichen Konkurrenz existierten weiterhin handwerkliche Betriebe, die Einbände nach individuellen Vorstellungen realisierten.

Während es in der Fabrik um Rationalisierung und Verbilligung ging, mussten kleinere Betriebe, um mithalten zu können, sparen, wo es möglich war. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts bedeutete der Alltag eines Buchbinders viel Arbeit, wenig Verdienst und ärmliche Verhältnisse. Er war sogar oft darauf angewiesen, auf Nebentätigkeiten zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes auszuweichen.

Eine Buchbinderei, die tatsächlich als industriell bezeichnet werden kann, entwickelte sich allerdings erst nach dem Zweiten Weltkrieg. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Arbeit in den Fabriken weiterhin stark von Handarbeit geprägt. Mit der weiteren technischen Entwicklung wurde der Sprung von Einzelmaschinen hin zu teilweise vollautomatisierten Produktionssystemen geschafft. Heute ist die „Buchstraße“ in der industriellen Fertigung üblich. Der Buchbinder hat sich hier zum hochspezialisierten Automatenführer entwickelt. {Wikipedia zum Thema „Buchbinder”)

Die Ausstellung -Bilderrahmung

Die Ausübung von Nebentätigkeiten galt auch für die Maulbronner Buchbinder: „Das Brotverdienen war eigentlich zusätzlich Bilder einrahmen und solche Dinge, weil da war man etwas freier und der Klosterbesucher hat ja auch ein Andenken nehmen wollen“. [9]

GHV Buchbinderei-Bilderrahmen.jpg

Ein Andenken für Besucher war (und ist) ein Bild vom Kloster. Hier ein Foto von ca.1920 gerahmt von August Krüger.

GHV Buchbinderei-Gerahmtes-Bild-Aug.Krüger.jpg GHV Buchbinderei-Schild-Aug-Krüger-Bilderrahmen.jpg

Die Holzprofile für die Bilderrahmen werden mit der Gehrungssäge zugeschnitten. (die eigentliche Säge ist leider verloren gegangen).

GHV Buchbinderei-Gehrungssäge-Ulmia-Ott-No47.jpg

Mit der Rahmenschleifmaschine wurde den Sägekanten der letzte exakte Feinschliff gegeben.

GHV Buchbinderei-Rahmenschleifmaschine-Vorderansicht.JPG GHV Buchbinderei-Rahmenschleifmaschine-Rückansicht.JPG

Das Kleinmaterial für die Bilderrahmen wurde fein säuberlich beschriftet in Zigarrenkisten „Fehlfarben Nr.100 Sumatra“ aufbewahrt. Auch gebrauchtes Material fand noch seinen Platz zur Wiederverwendung.

GHV Buchbinderei-Bilderrahmen-Stifte.jpg

Kleine Nägel, Stahlstifte, Dreikant-Ecken, Haken und Ösen waren in einer Holzkiste untergebracht. In der roten Streichholzschachtel mit der der Aufschrift „Abgebrannt? – Nicht wer bei der Volksbank spart“ sind nicht etwa Kleinmaterialen sondern tatsächlich Streichhölzer – zum anzünden einer guten Sumatra nach getaner Arbeit?

GHV Buchbinderei-Bilderrahmen-Kiste-Befestigungsmaterial.jpg GHV Buchbinderei-Streichholzschachtel.jpg GHV Buchbinderei-Sumatra.JPG

Die Ausstellung:-Buchbinderei – Arbeitsschritte und Maschinen

Die von der Druckerei angelieferten Bogen (Buchblöcke) wurden auf der Schneidemaschine auf die endgültige Größe zugeschnitten.

GHV Buchbinderei-Schneidemaschine.JPG GHV Buchbinderei-Schneidemaschine-in-Aktion.JPG

Auf der Pappschere wurden die Buchdeckel aus Graupappe zugeschnitten.

GHV Buchbinderei-Pappschere.JPG GHV Buchbinderei-Pappschere-in-Aktion.JPG

An der Heftlade wurden die auf der Schneidemaschine vorbereiteten Papier Bogen mit Bändern und Bindfaden geheftet zu Buchblöcken.

GHV Buchbinderei-Heftlade-in-Aktion.JPG

(Wikipedia zum Thema „Heftlade”) (Wikipedia zum Thema „Heftung”)

Die gehefteten Buchblöcke wurden auf der Rückseite aufgeraut und mit Leim aus dem Leimtopf bestrichen, eine Gaze wurde zur Stabilisierung darüber gelegt und die Bänder mit dem Einband und Vorsatz aus Graupappe verleimt.

GHV Buchbinderei-Beispiel-Fadenheftung.JPG GHV Buchbinderei-Leimtopf.jpg

In der Stockpresse hat man die gehefteten und frisch geleimten Einbände über Nacht gepresst damit der Leim in das Papier eindringen konnte und so ein stabiler Verbund hergestellt wurde.

GHV Buchbinderei-Stockpresse.JPG

Um Material und Geld zu sparen haben Buchbinder alte Handschriften, die durch die Erfindung der Buchdruckerei obsolet geworden waren, als Bucheinband verwendet.

GHV Buchbinderei-Buch-Einbandmaterial-Handschrift.JPG

Gülden schimmerte es in den Büchervitrinen und den Regalen der heimischen Bibliotheken. Es erfreute das das Auge der Bibliophilen und mehrte das Ansehen der Buchbesitzer.

GHV Schaf-Buchbinderei-Bücher.jpg GHV Buchbinderei-Buch-mit-Goldprägung.JPG

Lederfolianten und Bücher mit goldgeprägten Einbänden waren ein Muss für den gutbürgerlichen Haushalt.

Das Anbringen der Ornamente war höchste Handwerkskunst: Das Blattgold wurde mit Eiweiß bestrichen und nach kurzem Antrocknen aufgetragen. Mit dem erhitzten Vergoldestempel aus Messing hat der Handwerker das Gold dann Stück für Stück in das Material eingeprägt.

GHV Buchbinderei-Buch-mit-Goldprägung-Detail.JPG GHV Buchbinderei-Goldprägestempel-Einsatz.JPG GHV Buchbinderei-Goldprägestempel-Detail.JPG

Ein Blick in die Stockpresse zeigt,dass mit profaneren Dingen Geld verdient wurde wie das Binden von Geschäftsunterlagen.

GHV Buchbinderei-Hauptbuch.jpg

Ganz separat im Erdgeschoß des Museums befindet sich aus Platz- und Gewichtsgründen noch eine Drahtbindemaschine der Firma Gaitzsch. (Wikipedia zum Thema „Heftmaschine ”) Anstelle von Bändern und Faden wurden mit dieser Maschine die Buchblöcke mit Metalldraht geheftet. Die Firma C.E.Gaitzsch Maschinenfabrik, Chemnitz zeigte 1914 auf der Internationalen Ausstellung für Buchgewerbe und Graphik ihre Drahtheftmaschine „Perfection“, Spezialität für starke Blocks und Massenauflagen für Broschüren vor. [10] Die Firma bestand bis 1954 und wurde dann 1956 dem VEB Fritz-Heckert-Werk Karl-Marx-Stadt als rechtlich unselbständiger Werksteil III angegliedert. [11]

GHV Buchbinderei-Drahtbinde-Maschine.jpg

Werkzeuge und Materialien

Die Buchbinder Krüger

Die Cotta Bibel von 1730

Einzelnachweise

  1. Der Baumbeschützer Klaus Krüger, Stuttgarter Zeitung, 4. März 2014
  2. Hinweistafel Museum auf dem Schafhof
  3. Günther Mahal, Eine Oase am Klostertor, 100 Jahre Krüger Maulbronn, Vaihingen/Enz 1999, S.22
  4. Stadtarchiv Maulbronn A276 VIII/4, nach Mahal, aaO S.40
  5. Klaus Krüger in Buchbindearbeiten in alten Zeiten, Videoproduktion des GHV Maulbronn 2019
  6. Dr. Reto Krüger in Ehlers/Felche (Hrsg.), Maulbronn Heimatbuch Bd.1, Maulbronn 2012, S.230
  7. Klaus Krüger w.o.
  8. Mahal, a.a.O. S.25
  9. Klaus Krüger w.o.
  10. Universitätsbibliothek Heidelberg: https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/leipzig1914/0452/image
  11. https://www.archiv.sachsen.de/archiv/bestand.jsp?oid=09.08.05&bestandid=31027&syg_id=#geschichte

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