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Portus

Von Stadtwiki

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Portus war ein römischer vicus (Siedlung, Dorf) an der Stelle der heutigen Pforzheimer Altstadt. Aus der Siedlung ist das heutige Pforzheim entstanden.

Inhaltsverzeichnis

Name

siehe Artikel Pforzheim

Gründung

Für das Pforzheimer Stadtgebiet gibt es kaum keltische Funde, weshalb es unwahrscheinlich ist, dass es eine keltische Vorsiedlung gegeben hat. Ebenso zeigt ist der Siedlungsplatz im Enztalkessel nicht besonders günstig. Die Ortsgründung von Portus fällt daher in die Römerzeit und steht in Verbindung mit der Römerstraße Ettlingen-Cannstatt und die dazugehörige Furt über die Enz. Entlang dieser Militärstraße liegen die vici Ettlingen, Portus, Rutesheim und Cannstatt jeweils 20-25 km auseinander. Daher könnten die vici gezielt angesiedelt worden sein, um als Etappenorte oder auch als Wechselstation für Reit- und Lasttiere zu fungieren.

Anhand von Scherben und Münzen lässt sich der Siedlungsbeginn in den gleichen Zeitraum wie die Kastelle am Neckar um 90 n. Chr. vermuten.

Aufbau und Struktur des Vicus

Verkehr

Die Furt ist heute nur noch über die nachgewiesene Römerstraße zu lokalisieren. An der Stelle ist auch eine (noch nicht nachgewiesene) Brücke anzunehmen. Die Ansiedlung hat sich stark an die Römerstraße orientiert. Diese verlief nachgewiesen ungefähr entlang der Altstädter Straße und mittig quer durch die heutige Altstadtkirche. Wie die Straße zum Hagenschieß aufstieg ist nicht gesichert, wahrscheinlich aber entlang der heutigen Gesellstraße. Auf der Hochfläche ist die Straße heute noch auf längere Strecke als Damm erkennbar.

Weitere Straßen nach Pforzheim sind nicht sicher nachgewiesen. Allerdings sind weitere wahrscheinlich oder werden diskutiert:

Des Weiteren entdeckte man 1909 fand bei der Kirche einen der keltischen Göttin Abnoba geweihten Altar mit der Inschrift "Abnoba quadruvia" (Vierwegegöttin), was bedeutet, dass sich in Portus vier Wege kreuzten.

Ein weiterer Transportweg könnte die Enz dargestellt haben. Eine Flößerei ist wahrscheinlich, da diese in Pforzheim bis in die Neuzeit ausgeübt wurde. Inwiefern die Enz schiffbar war ist dagegen umstritten. Kritiker bezweifeln, ob die Tiefe ausgereicht hätte. Befürworter sehen dagegen die Flusstiefe nach der Nagoldeinmündung als ausreichend an und gehen von einem Hafen aus, der der Siedlung seinen Namen gab.

Gebäude

Untersucht werden konnte in erster Linie Flächen auf öffentlichen Plätzen wie die Altstädter Kirche, dem Kappelhof oder dem Städtischen Krankenhaus. Die Befunde reichen jedoch nicht aus um detaillierte Aussagen über das Aussehen des Vicus zu machen.

Die Grabungen an der Altstädter Kirche nördlich der Enz ergab, dass es zunächst eine Holzbauphase gab. In dieser Schicht zeigt sich eine Brandschicht, die von einem oder zwei dicht gefolgene größere Brände verursacht wurden. Die Brandschicht wird zwischen 130 bis 150 n. Chr. datiert. In der Steinbauphase untersuchte man einzelne Grundmauern, die teilweise in die mittelalterliche Kirche integriert wurden. Eine genaue Datierung der Mauern war nicht möglich, sie wurden jedoch sicher erst nach dem Brand errichtet.

Weitere Funde von Mauer- und Gebäudereste fand man in den 50er in der Wehrstraße 5, Kappelhofstraße und an der Ecke Altstädter Straße/Östliche Karl-Friedrich-Straße. Bei ersteren beiden wurden auch dort Brandspuren entdeckt.

Bei den Ausgrabungen südlich der Enz im Areal des Städtischen Krankenhauses im Jahr 1949 wurden mehrere Wohngebäude, Brunnen und Hypokausträume freigelegt. Auf diesen Grundmauern wurden im Hochmittelalter neue Gebäude errichtet und Umbaumaßnahmen vorgenommen. In den meisten Brunnen fanden sich menschliche Skelettreste, die teilweise Gewalteinwirkungen aufweisen. Ob diese Römer/Romanen waren oder mittelalterliche Pestleichen ist umstritten.[3] Die Wohngebäude waren an einer dem Fluss entlang verlaufenden Straße ausgereichtet. In den hinteren Wohnteilen waren Wirtschaftsgebäude untergebracht und die Brunnen befanden sich wohl an dem östlichen Teil des Grundstücks. Die Grundstücke hatten eine Breite zwischen 12-17 m. Eine eindeutige Brandschicht aus dem 2. Jahrhundert wie links der Enz ist in den untersuchten Bereichen nicht zu finden. Eine (ausgedehnte) Besiedlung der Enz scheint nach den Funden erst um 150 n. Chr. stattgefunden zu haben. Die Funde konzentrieren sich westlich der Militärstraße. "Backöfen" östlich der Straße könnten eventuell auf ein Töpfereigewerbe dort hinweisen.

Ob die entdeckten Brandspuren und verbrannten Dachziegel beim Bau des Heizkanals 1949 am Städtischen Krankenhaus ausreichen, um von einer Vernichtung des vicus durch ein Feuer um 260 auszugehen, bleibt offen.

Größe und Wohlstand

Im Süden ist die Siedlung durch den steilen Hang zum Hagenschieß auf natürliche Art begrenzt. Die nördlichsten Mauerreste fanden sich an der Kreuzung Altstädter Straße-Östliche Karl Friedrich Straße und die nördlich davon gelegenen Hänge sind nicht besiedelbar gewesen, weshalb die letztere Straße die Nordgrenze des Stadtgebiets bildete. Dies entspricht einer Nord-Süd-Ausdehnung von etwa 375 m.

Die Ausbreitung von West nach Ost ist dagegen schwieriger zu bestimmen, da viele Einzelfunde vorliegen, die zum Teil auch durch Hochwasser verlegt sein könnten. Kortüm ermittelt hierfür einen Maximalwert von 1000m.[4] Die reinen Mauerfunde würden eine Ausdehnung von rund 500 m ergeben, wobei die Militärstraße hierbei sogar nahezu mittig liegt.

Portus dürfte einen kleinstädtischen Charakter gehabt haben, deren Bewohner (zumindest teilweise) einen gewissen Wohlstand erreicht hatten. Darauf deuten auch drei überdurchschnittlich große Jupitergigantensäulen hin. Gemäß der Anzahl der Sigillata-Scherben, Reliefsigillata und der Münzfunde scheint die Blütezeit Portus um 220 bis zum Limesfall 260 n. Chr. gewesen zu sein. Dies ist ungewöhnlich, da andere Orte im "agri decumates" zu dieser Zeit gemäß der Sigillata-Funden schon im "Niedergang" waren.

Leugenstein und Rechtsstatus

1934 wurde bei Friolzheim auf württembergischen Boden ein Leugenstein entdeckt, welcher der Römerstraße Ettlingen-Cannstatt zu zuordnen ist. Der Leugenstein diente den Reisenden zur Orientierung und gab ihnen die Entfernung zu einem Hauptort einer Civitas oder Provinz in der keltischen Längeneinheit Leugen an. Die Inschrift lautete:

IMP(eratori) M(arco) IVL(io) PH
ILIPO PIO FEL(ici)
AUG(usto) P(ontifici) M(aximo) TRIB(unicia)
POT(estate) CO(n)S(uli) P(atri) P(atriae) ET
M(arco) IVL(io) PHILI
PPO CAES(ari)
A PORT(u) L(eugas) V

Übersetzt_ (Unter) dem Kaiser Marcus Julius Philippus, dem frommen und glücklichen, dem erhabenen, dem Oberpriester, mit tribuzinischer Gewalt, dem Konsul, dem Vater des Vaterlandes und dem Cäsar Marcus Julius Philippus. Von Portus 5 Leugen

Anhand der angegebenen Kaisertitulatur muss der Stein zwischen 244 und 247 aufgestellt worden sein. Die letzte Zeile gibt an, dass Portus 5 Leugen entfernt liegt. Dies entspricht 11,1 km. Tatsächlich lag die Fundstelle des Leugensteins 11,5 Kilometer von der Enz entfernt.

Da Leugensteine eigentlich nur die Entfernung zu einem Hauptort einer Civitas oder Provinz angaben, gehen viele Historiker davon aus, dass Portus ein solcher für eine Civitas gewesen war. Skeptiker wie Peter Goessler sehen hingegen den Stein als Beleg, dass auch einfache Ortschaften angegeben worden sind.[5] Er argumentiert, dass sowohl westlich von Pforzheim ein Leugenstein gefunden wurde, der die Strecke zum Civitas-Hauptort Aquae (Baden-Baden) angab, als auch östlich in Dürrmenz ein Weihestein gefunden wurde mit einer Inschrift einer Tempel-Wiedererrichtung durch einen decurio der civitas Aquensis. Befürworter argumentieren dagegen, dass letztere Inschrift die civitas ausschrieb, wohingegen Inschriften, die direkt in der civitas lagen, sie in der Regel abgekürzt haben. Eine dritte Möglichkeit ist, dass Portus erst während der "Blütezeit" ab 220 n.Chr. zu einer Civitas-Hauptstadt aufgestiegen ist, womit auch die späte Aufstellung des Leugensteins erklärt wäre.

Die Grenzen der möglichen Civitas mit Hauptort Portus sind kaum auszumachen. Nach Westen hin dürfte es jedoch aufgrund des Leugensteins ungefähr die Pfinz gewesen sein.

Siedlungskontinuität

Der Name Pforzheim leitet sich zweifelsohne von "Portus" und der germanischen Endung -heim ab. Eine nachträgliche germanische Endung haben z.B. auch die Römerstädte "Lopodunum" (--> Ladenburg) und "Augusta Vindelicorum" (--> Augsburg). Ob die Siedlung auch nach dem Limesfall um 260 n. Chr. fortbestand oder die Stadt im Mittelalter wiedergegründet ist nicht gesichert.

Pforzheim selbst wird erst 1067 urkundlich erwähnt. Trotzdem muss der Ort schon im Frühmittelalter existiert haben. Die lautgesetzliche Verschiebung von P- zu Pf- wurde im 7. bis 8. Jahrhundert vollzogen, weshalb Pforzheim schon vorher bestanden haben müsste oder zumindest muss der Name der Bevölkerung bekannt gewesen sein. Ebenso werden die meisten Orte mit einer Martinskirche ins Frühmittelalter datiert. Ob die Merowingergräber beim Gaswerk aus dem späten 6./7. Jahrhundert zu Pforzheim gehörten ist fraglich, da diese etwa 400m vom vicus entfernt liegen. Klaus Kortüm vermutet, dass die Nachfolgesiedlung sich dorthin verlagerte und erst wieder zur Karolingerzeit wieder zurück an den alten Standort an der Furt verlegt wurde, da Fundmaterial in der Altstadt erst wieder aus dieser Zeit auftauchen.[6] Er hält es aber auch für möglich, dass sie zu einer abgegangene frühmittelalterlichen Siedlung gehört haben könnte, die etwa 100m entfernt an der Enz lag und vielleicht in Verbindung mit der nahe gelegenen villa rustica gehörte.

Aus dem Jahr 1614 stammt eine Legende wie Pforzheim entstanden sein soll.[7] Demnach wurde Pforzheim von den Hunnen zerstört und der Ort im Jahre 510 n. Chr. vom frankischen Statthalter Emmerich neugegründet. Wieviel Wahrheit an dieser Sage dran ist, lässt sich nicht sagen. Eine fränkische Neugründung würde jedoch die Endung -heim verständlich machen.

In den Brunnen fand man häufig Metallwerkzeuge, die von vielleicht von den Bewohnern vor ihrer Flucht in die Brunnen geworfen wurden, um sie vor den Alamannen zu verstecken und nachher wieder zu bergen. Die menschlichen Überreste darin zeugen wahrscheinlich davon, dass nicht alle Einwohner geflohen sind und eines gewalttätigen Todes starben. Das Begräbnis dieser Menschen in den Brunnen und auch die Funde darin von Mist hätten zu einer Vergiftung der Brunnen geführt. Wahrscheinlich wurden diese Maßnahmen absichtlich von den Alamannen durchgeführt. Andererseits fand man in einem Gebäude südlich der Enz Teile einer Schüssel, die ins 4. Jahrhundert zu datieren ist.

Nördlich der Enz auf dem Kappelhofplatz entdeckte man eine Handvoll scheinbar alamannischer Scherben, die für eine kontinuierliche Besiedelung sprächen. Ebenso tauchen in der Gegend relativ zu anderen Orten viele Münze aus dem 4. Jahrhundert auf.

Quelle

Einzelnachweise

  1. R. Niehaus (1977): Römische Straßenverbindungen durch den Schwarzwald, S.181ff
  2. vgl. Nierhaus (1977): S.180f und F. Hertlein: Art, Naturgeschichte und Kennzeichen unserer Römerstraßen. in:Fundberichte Schwaben 1922/24, S.59f.
  3. Vgl. Dauber (1951) in Fundbericht 19, S.57 gegenüber Wahl (1991) in Fundbericht Baden-Württemberg 16, S.522ff
  4. Kortüm (1995): S.63f
  5. P. Goessler: Meilenstein, S.28
  6. Kortüm (1995): S.20 f
  7. J. Frischlin (1614): Historische Beschreibung des Landes Württemberg II, 43 (zitiert nach Pflüger: Pforzheim, S. 29)
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